Führt gute Usability immer zur Erhöhung der Conversion-Rate?

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Klar scheint, dass eine gute Usability und eine höhere Conversion-Rate Ziele für jedes ambitionierte E-Business-Projekt darstellen. Die Begriffe werden von allen Agenturen, Online-Beratern und Marketern inflationär in Kundengesprächen und Präsentationen eingesetzt ohne darüber nachzudenken, dass mit den “Disziplinen” womöglich unterschiedliche Ziele angepeilt werden. Folgend versuche ich die Begriffe “kompakt” einzuführen:

Die Conversion-Optimierung

Die Conversion-Optimierung umfasst Massnahmen die zur Verbesserung von zu bestimmenden Key-Performance Indicators (KPI) beitragen – beispielsweise die Costs per Transaction,  Bounce-Rate, Social Visability etc. und natürlich die Conversion-Rate. Diese umfasst den prozentualen Anteil an Besuchern einer Website die eine durch den Betreiber gewünschte Handlung vollführen. Dies kann beispielsweise der Kauf eines Produktes sein, das Abonnieren eines Newsletters, das Ausfüllen eines Formulares oder lediglich den Klick auf ein Objekt sein. Die Berechnung dieser “Kennzahl” ist gänzlich einfach: Anzahl Besucher, die ein gewisse Handlung ausführen / Gesamtzahl der Besucher.

 Usability (Die Gebrauchstauglichkeit)

Nach der ISO-Norm 9241 versteht sich die Usability eines Produktes als “das Ausmass, in dem es von einem bestimmten Benutzer verwendet werden kann, um bestimmte Ziele in einem bestimmten Kontext effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen”.

  • Effektiv arbeite ich dann, wenn ich etwas mache, das zum gewünschten Ergebnis bzw. Ziel führt.
  • Effizient arbeite ich, wenn ich das gewünschte Ergebnis bzw. Ziel mit geringem (Zeit-)Aufwand erreiche.

Aspekte die einer guten Usability zuträglich sind, werden gemäss “DIN EN ISO 9241-110” wie folgt festgelegt:

  • Aufgabenangemessenheit
  • Selbstbeschreibungsfähigkeit
  • Steuerbarkeit
  • Erwartungskonformität
  • Fehlertoleranz
  • Individualisierbarkeit
  • Lernförderlichkeit

Abschliessend kann festgehalten werden, dass Usability nicht eine Eigenschaft eines Produktes, sondern das Ergebnis der Interaktion zwischen eines Benutzenden und einem Produkt innerhalb eines bestimmten Nutztungskontextes. Das Erreichen eines Ziels mit möglichst geringem Aufwand bzw. einem guten Nutzen-Aufwand-Verhältnis darf dabei als eigentlicher Kern betrachtet werden.

Schnittmengen von Conversion-Optimierung und Gebrauchstauglichkeit

Die Brücke zwischen den beiden Teilaspekten ist eigentlich rasch geschlagen, da es offensichtlich scheint, dass die Berücksichtigung gängiger Usability-Prinzipen einer Conversion-Rate-Erhöhung zuträglich sind. D.h. wird das digitale Inhaltsangebot nach grundlegenden Usability-Kriterien realisiert ist die Chance einer Conversion höher als bei einem Produkt welches willkürlich erstellt wurde.

Schnittmenge von Usability, User Experience und Conversion-Optimierung

Schnittmenge von Usability, User Experience und Conversion-Optimierung

Auswirkung von Usability auf Conversion-Rate?

Anhand mehrer Studien konnte die  Nielsen Norman Group aufzeigen, dass eine gute Usability einen positiven Einfluss auf den Return-of-Investment (ROI) hat. In einer gross angelegt Studie im 2003 konnte nachgewiesen werden, dass bei über 800 Redesign-Projekten durch die Optimierung der Usability eine Steigerung der relvanten KPI um 135% erreicht werden konnte. 2008 wurde abermals eine (kleinere) Studie durch geführt, welche aufzeigte, dass noch immer eine KPI-Verbesserung um 83% mit der Usability-Optimierung eintrat – weniger aber noch allemal wichtig bzw. unverzichtbar! Der Link zur Studie: http://www.nngroup.com/articles/usability-roi-declining-but-still-strong.

Was aber wenn es nicht passt?

Gelegentlich trifft man aber auf Situationen, bei welchen das Einhalten der Usability-Prinzipien nicht zwingend zu einer Erhöhung der Conversion-Rate beiträgt. Aus Erfahrung kann sicherlich die Gestaltung eines Warenkorbes bzw. Checkouts erwähnt werden. Dort werden klickbare Elemente die den Besucher zum Abschluss bringen teilweise schon fast auf die Nase gebunden. Dabei wird unter anderem mit farblicher Hervorhebung, der Anpassung von Grössenverhältnissen, mit spezifischem Texteinsatz und vielem anderen gearbeitet. Auf der anderen Seite werden Elemente, welche die Benutzer vom Endziel entfernen dezenter eingesetzt, oder gar weggelassen. Denkt man beispielsweise an unterschiedliche Buttons für “vor” und “zurück” oder das Weglassen von Elementen wie beispielsweise der Navigation, so kann festgestellt werden, dass diese Massnahmen dem Konsistenz/Steuerbarkeit-Prinzip widersprechen, welche für gute Usability vorausgesetzt werden. Schlussendlich möchten die Shopbetreiber versuchen, den Benutzenden im Shop-Flow zu behalten bzw. die Absprungmöglichkeiten zu eliminieren.

Screenshot Checkout Amazon

Die Benutzenden werden im “Checkout-Kanal” gehalten. Ein Ausstieg über eine konventionelle Navigation ist bei Amazon nicht vorgesehen.

Ein weiteres Beispiel, bei welchem die Usabilty und die Conversion-Rate gegenüberstehen ergibt sich aus den SEO-Optimierungen. Derzeit herrscht ja geradezu sein Keywordswahn, welcher zur Folge hat, dass Texte unnötig aufgeblasen werden. Dies mag der Conversion-Optimierung zuträglich sein, da dadurch (möglicherweise) mehr Traffic generiert wird. Auf der anderen Seite erhält man dadurch aber oft eine überladene Seite mit beeinträchtigter Usability.

Gute User Experience soll es sein!

Folgt man dem vorhergehenden Absatz, so reicht es nicht mehr sich auf die blossen Usability-Prinzipien zu verlassen. Es geht vielmehr darum ein positives Erlebnis zu schaffen, zu unterhalten, gleichzeitig aber auch Glaubwürdigkeit auszustrahlen – mit dem Ziel den Benutzer für ein Produkt zu begeistern. Und genau dieses positive Benutzererlebnis verfolgt die Conversion-Optimierung gleichwohl wie die Usability im Sinne der User Experience. Wer also seinen Besuchern ein gutes Gefühl vermitteln kann, wird (eher) dafür belohnt. Zielführend ist es, Interaktionen zu schaffen bei welchen die Benutzenden nicht gedrängt werden, sondern sie durch einen vordefinierten Prozess zu begleiten, ohne dass sie es eigentlich merken.

Fazit

Es gibt immer wieder Situationen in welchen die Conversion-Optimierung und die Usability-Prinzipien in Konflikt zueinander stehen. Schlussendlich geht es darum eine möglichst optimale Balance zwischen Conversion-Optimierung (subtile Lenkung) und Usability (gute Bedienbarkeit) zu herbeizuführen – wobei die Usability eine notwendige Bedingung darstellt, um überhaupt Conversionen zu erreichen. Dass eine positive Grundstimmung der Website ebenfalls dazu beitragen kann, dass sich ein Benutzer für ein Produkt entscheidet erscheint auch naheliegend. Diese beiden Tatsachen ergeben, dass die User Experience als gemeinsamer Nenner zwischen Usability und Conversion-Optimierung fungiert.

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Über den Autor

Renato

Befasst sich als freiberuflicher Webworker in verschiedensten Themenfelder im Bereich der digitalen Medien. Benutzerzentriertes Vorgehen im Sinne der Mensch-Maschinen-Interaktion erachtet er bei all seinen Aktivitäten als zentrales Element. Weitere Informationen unter https://www.brainarium.ch.

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